Die Untersuchung verknüpft diskursanalytische, medienhistorische und
gattungstheoretische Fragestellungen, um ein neues Licht auf die
Vorgeschichte neuzeitlicher Subjektivität und ihrer literarischen
Repräsentation zu werfen. Im Zentrum steht der Zusammenhang zwischen
Lesen, Schreiben und Subjektkonstitution: Das vormoderne Subjekt
gelangt durch Lektüre zu identitätsstiftender Selbsterkenntnis,
diese besitzt ein notwendiges Pendant in bestimmten Schreibverfahren.
Die Untersuchung rekonstruiert die antiken Wurzeln der
schriftgestützen Subjektivität, beleuchtet ihre Affinität zu
spezifischen Darstellungsformen (Dialog, Brief, Bekenntnis) und
zeichnet ihre Transformation im Übergang zum Mittelalter und zur
frühen Neuzeit nach. Sie macht den historischen Prozess sichtbar, in
dem der Psychagoge durch das Buch, die praktische askesis durch
geistige Übung und der philosophische Dialog durch das innere
Selbstgespräch ersetzt werden. In kritischer Auseinandersetzung mit
Michel Foucault zeigt sie auf, dass eine dezidiert ästhetische Form
von Subjektivität erst in dem Moment entsteht, als unter dem Einfluss
nominalistischer Erkenntnisskepsis und frühhumanistischen
Geschichtsbewusstseins antike Selbsttechniken und augustinische
Selbsthermeneutik eine widersprüchliche Verbindung eingehen. Die
Schrift, vormals ein Instrument der symbolischen Ordnung, wird nun
imaginär aufgeladen, so dass das Individuum auch noch aus seiner im
Schreibakt erfahrenen Zerrissenheit einen narzisstischen Genuss zu
ziehen vermag.
Les mer
Literarische Formen der Selbstsorge und der Selbsthermeneutik von Platon bis Montaigne
Produktdetaljer
ISBN
9783110928938
Publisert
2015
Utgave
1. utgave
Utgiver
De Gruyter
Språk
Product language
Tysk
Format
Product format
Digital bok
Forfatter