1. 1. Standortbestimmung und methodisches Vorgehen Während die
Erwachsenenbildung in den Westzonen Deutschlands nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs an ihre Bildungstradition aus der Weimarer Republik
anknüpfen kann, nimmt sie in der Sowjetischen Besatzungszone ei nen
völlig anderen Verlauf. Hier gerät "Aufklärung" nicht zum
Epochenbe griff im Sinne von Mündigkeit, Emanzipation und
Autonomie. Das Bil dungsideal der Neuen Richtung der freien
Volksbildung in der Weimarer Re publik, "das differenzierte
Zueinanderftihren des Volkes aus seinen jeweili gen Lebenskreisen zu
einem sich selbst organisierenden Gemeinwesen, '" zu einem ,sich
seiner selbst bewussten Menschen', denn nur der zu sich selbst
gekommene Mensch vermag auch die gesellschaftlichen Verhältnisse
ange messen zu beurteilen"l, spielt in der Sowjetischen
Besatzungszone zu keiner Zeit eine Rolle. Im Gegenteil, hier erfolgt
die Unterrichtung des Volkes mit tels "Aufklärung" über die sich
anbahnenden politischen Verhältnisse nach sowjetischem Vorbild. Eine
der vordringlichsten Aufgaben der politischen Führer der Sowjetischen
Besatzungszone ist die Schaffung einer "neuen In telligenz". Mit dem
Leitspruch, "Der Sozialismus braucht viele Helfer" (sinngemäß bei
Lenin 1959, S. 514), beginnt unter der Führung einer Ein
heitspartei (SED) ein gewaltiger und komplizierter
"Umerziehungsprozess". Für den Aufbau eines leistungsfähigen
Wirtschaftssystems kommt auf die Arbeiterschaft eine langfristig
angelegte Qualifizierungsoffensive zu. Die Umschichtungen in der
Bevölkerung und die Umverteilung der Bildungspri vilegien werden
für lange Zeit die neuen Machtverhältnisse sichern.
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Historische Quellenanalyse zur Strukturbildung
Produktdetaljer
ISBN
9783663117728
Publisert
2020
Utgiver
Springer Nature
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Tysk
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Digital bok
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