Anfang 1995 war für die Deutsche Shell AG die Welt noch in Ordnung:
Mit dem Alterna- ven Marketing-Preis wurde ihr „sozial-engagiertes
Marketing seit 1949“ (Jury; zit. nach Hesse 1996: 18) gewürdigt.
Demnach war die neue Image-Kampagne eine logische Konsequenz: Die
Shell AG klagte darin Missstände an, die sie gemeinsam mit der
Gesellschaft ändern wollte. Die weiteren Ereignisse sind hinlänglich
bekannt: Greenpeace- Aktivisten besetzten im April 1995 die
Ölplattform Brent Spar, um deren geplante und genehmigte Versenkung
zu verhindern. Die Shell AG sah sich in den folgenden Monaten einer
vehementen Kritik in Presse und Rundfunk ausgesetzt. Nach der Räumung
der Plattform durch das Unternehmen wurde der Druck schließlich so
groß, dass Shell einlenkte und eine andere Entsorgungsmöglichkeit
suchte. Der Konflikt um die Versenkung der Brent Spar zeigt
exemplarisch, wie schnell eine Organisation aus dem Sonnenlicht der
Glaubwürdigkeit und Legitimation in den Schatten der
gesellschaftlichen Anklage geraten kann. Und das Beispiel zeigt auch
die ambivalente Rolle des Journalismus. Während die Journalisten vor
dem Konflikt noch recht eng mit der Shell AG zusammengearbeitet hatten
(vgl. Mantow 1995: 226), ließen sie sich während der
Auseinandersetzung die Schlagzeilen von Greenpeace nahezu diktieren.
Damit ist bereits das Thema der vorliegenden Arbeit umrissen: Die
Intersyst- beziehungen zwischen Journalismus und Public Relations in
sozialen Konflikten. Dabei geht es – zumindest primär – nicht um
einen Konflikt zwischen Journalismus und Public Relations, sondern um
das (grundlegend veränderte) Verhältnis dieser beiden Systeme
zueinander, wenn sich die Öffentlichkeitsarbeit in einem Konflikt
beispielsweise mit der PR-Abteilung eines anderen
Unternehmensbefindet.
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Ein Theorieentwurf der Intersystembeziehungen in sozialen Konflikten
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ISBN
9783531907444
Publisert
2020
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2. utgave
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Vs Verlag Fur Sozialwissenschaften
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Tysk
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Digital bok
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